PROTOS-1

PROTOS-1

Ergebnisqualität stationärer Rehabilitation in 15 Kliniken der Wittgensteiner Kliniken-Allianz
Jährlich werden in Deutschland etwa 1 Million stationäre Maßnahmen zur medizinischen Rehabilitation in über 1.000 Rehabilitationseinrichtungen durchgeführt. Diese Maßnahmen stellen eines der wichtigsten Mittel dar, um dem „Gesundheitsproblem Nr. 1“, nämlich den chronischen Krankheiten und ihren Folgen, zu begegnen. In der aktuellen Diskussion um die Zukunft der medizinischen Rehabilitation steht die Frage nach ihrer Effektivität und Effizienz im Mittelpunkt

Die PROTOS-Studie liefert mit einem aufwendigen Studiendesign für eine Stichprobe von über 5.000 Patienten eine Fülle von Daten zur kurz-, mittel- und langfristigen Wirksamkeit von stationären Rehabilitationsmaßnahmen in den Indikationsbereichen Kardiologie, Orthopädie, Prävention, Psychosomatik und Neurologie. Sowohl die arztseitige als auch die patientenseitige Ergebnismessung zeigen dabei gute Effekte im somatischen und im psychosozialen Bereich, die auch nach 12 Monaten noch anhalten. Die Studie macht aber auch einige Schwachstellen sichtbar, an denen gezielt angesetzt werden müßte, um die Wirksamkeit der Rehabilitationsmaßnahmen künftig noch weiter zu verbessern.

Publikation:
Gerdes, N., Weidemann, H., Jäckel, W. H. (Hrsg.): Die PROTOS-Studie. Ergebnisqualität stationärer Rehabilitation in 15 Kliniken der Wittgensteiner Kliniken-Allianz. Steinkopff Verlag: Darmstadt 2000.

PROTOS-1

Zusammenfassung:
Methodik und wichtigste Ergebnisse der PROTOS-Studie

Nach einer etwa zweijährigen Planungsphase wurde die PROTOS-Studie in den Jahren 1996 bis 1998 in 15 Rehabilitationskliniken der Wittgensteiner Kliniken Allianz (WKA) durchgeführt. Studienplanung und Auswertung der Studiendaten erfolgten unter der Leitung von Dr. N. Gerdes durch das Hochrhein-Institut für Rehabilitationsforschung in Bad Säckingen (Leitung: Prof. Dr. med. W. H. Jäckel) in Kooperation mit dem Forschungsbüro der WKA in Bad Krozingen (Leitung: Prof. Dr. med. H. Weidemann). Die Studie wurde durch die WKA (Geschäftsführer: Dr. h.c. H.-H. Leimbach) finanziert.

I. Anlaß und Ziele der Studie
Zu Anfang der neunziger Jahre hatte das Thema der Qualitätssicherung auch für den Bereich der medizinischen Rehabilitation zunehmend an Bedeutung gewonnen. Etwa gleichzeitig mit dem Beginn der Entwicklungsarbeiten im Qualitätssicherungsprogramm der Rentenversicherung (vgl. Schliehe 1994) wurde das Hochrhein-Institut von der Geschäftsführung der WKA beauftragt, die Rehabilitationskliniken der WKA sozusagen „auf den Prüfstand“ zu stellen und eine Studie zu planen, in der die kurz-, mittel- und längerfristige Ergebnisqualität der in diesen Kliniken durchgeführten Rehabilitationsmaßnahmen von einem unabhängigen Institut wissenschaftlich geprüft werden sollte.

Die Studienziele sahen zum einen vor, aus den Kliniken jeweils eine repräsentative Stichprobe zu ziehen, um die typische Patientenstruktur dieser Kliniken im Hinblick auf ihre demographische Zusammensetzung sowie die Art und die Schweregrade ihrer Eingangsbelastungen in medizinischer, funktionaler und psychosozialer Hinsicht zu beschreiben. Zum anderen sollte ermittelt werden, wie sich diese Belastungen am Ende der Maßnahme sowie 6 und 12 Monate danach verändert hatten. Vor allem die mittel- und längerfristigen Auswirkungen der Rehabilitation stellen ja für die Kliniken selbst meistens eine „black box“ dar, über die sie höchstens dann etwas erfahren, wenn ein Patient Jahre später erneut zu einer Maßnahme in dieselbe Klinik kommt. Aus der Analyse der Effekte sollten Stärken und vor allem auch Schwächen identifiziert werden, an denen die Kliniken mit einer gezielten Weiterentwicklung ihrer Therapiekonzepte und Maßnahmenprogramme ansetzen könnten.

Als Adressaten der Studienergebnisse waren so in erster Linie die beteiligten Kliniken selbst vorgesehen, und in dieser Hinsicht sollte die externe Qualitätsprüfung primär als input für das interne Qualitätsmanagement dienen. In zweiter Linie aber sollten die Studienergebnisse auch den Leistungsträgern der Rehabilitation, d.h. vor allem den Kranken- und Rentenversicherungen, Auskunft darüber geben, welche Qualität sie in den beteiligten Kliniken „einkaufen“. Als dritter Adressatenkreis ist an die Fachöffentlichkeit im weiteren Sinne zu denken, für die wissenschaftlich fundierte Daten zur Effektivität der stationären Rehabilitation – ergänzend zu den bereits vorliegenden Untersuchungen (vgl. den Überblick in Schliehe & Haaf 1996) – wichtige Informationen für die aktuelle Diskussion um das Gesundheitswesen liefern können.

II. Methodik
Die Studie war als prospektive Verlaufsstudie mit vier Meßzeitpunkten angelegt (Beginn und Ende der Rehabilitation sowie 6 und 12 Monate danach). Um die Beurteilung der Eingangsbelastungen und der Veränderungen im weiteren Verlauf auf eine möglichst breite und umfassende Datengrundlage stellen zu können, wurden zwei Datenquellen eingesetzt, nämlich

  • der indikationsübergreifende Patientenfragebogen „Indikatoren des Reha-Status – IRES“ (Gerdes & Jäckel 1995), der zu allen vier Meßzeitpunkten erhoben wurde;
  • indikationsspezifische Arztbögen, die in Zusammenarbeit mit den Chefärzten der WKA-Kliniken entwickelt worden waren und zu den ersten beiden Meßzeitpunkten dokumentiert wurden.

Die Perspektive der Patienten ist für die Rehabilitation von entscheidender Bedeutung, weil es letztlich von der Situationseinschätzung der Betroffenen selbst abhängt, ob das Endziel der Rehabilitation, nämlich trotz chronischer Krankheit und bleibender Behinderungen möglichst weitgehend am normalen Leben teilnehmen zu können, erreicht wird oder nicht. Der Patientenfragebogen eröffnet gleichzeitig die Möglichkeit einer Nachbefragung nach 6 und 12 Monaten (durch Postversand), so daß auch die mittel- und längerfristigen Effekte ermittelt werden können. Auf den verbreiteten Einwand, die Angaben der Patienten spiegelten doch nur ihre subjektive Sichtweise und seien offen für über- oder untertriebene Darstellungen ihrer Beschwerden oder Möglichkeiten, ist zum einen zu antworten, daß es gerade die subjektive Sichtweise der Patienten ist, die die objektiven Konsequenzen (in Form von Inanspruchnahme des Versorgungssystems, Frühberentung etc.) produziert und deshalb für die Rehabilitation ein ausgesprochen „hartes“ Datum darstellt. Zum anderen zeigt die Auswertung einer entsprechenden Frage im Arztbogen, daß die Selbstangaben der Patienten in 80-95% aller Fälle von den behandelnden Ärzten als „adäquat“ beurteilt wurden (vgl. Kap. 4.2.4).

Ergänzend und ggf. als Korrektiv zu den Patientenangaben wurde ein Arztbogen eingesetzt, der relevante medizinische Parameter und Arzteinschätzungen zu Beginn und am Ende der Maßnahme erfaßt.

Für beide Instrumente wurde ein Auswertungsverfahren angewandt, das im Vorfeld der Studie von uns entwickelt worden war und als „zielorientierte Ergebnismessung“ bezeichnet wird (vgl. Gerdes 1998). Dabei werden zu Beginn der Rehabilitation aus den insgesamt ca. 80 möglichen Zielparametern des Patientenfragebogens und des Arztbogens diejenigen Parameter ausgewählt, die für den betreffenden Patienten individuell relevante Rehabilitationsziele darstellen. Bei der Auswertung werden dann nur noch diese individuell relevanten Parameter berücksichtigt. Auf diese Weise kann das Problem einer „Redundanz der Daten“, die fast zwangsläufig zu einer Nivellierung der Effekte führt, vermieden werden.

Ursprünglich war geplant, auch die therapeutischen Leistungen für jeden Patienten anhand des „Katalogs therapeutischer Leistungen“ (BfA 1995) zu dokumentieren, um den Zusammenhang zwischen therapeutischem Aufwand und erzielten Effekten ermitteln zu können. Bei der Datenanalyse hat sich dann jedoch gezeigt, daß die Datenqualität in diesem Bereich nicht ausreichend erschien, um möglicherweise folgenreiche Empfehlungen zum therapeutischen Aufwand daraus abzuleiten. So waren beispielsweise Freizeitaktivitäten wie „geführte Wanderungen“ in manchen Kliniken als therapeutische Leistungen verbucht worden, in anderen dagegen nicht, und im Nachhinein war eine zuverlässige Trennung nicht mehr möglich. Eine versuchsweise Auswertung, die im vorliegenden Bericht nicht im Detail wiedergegeben wird, hat jedoch Hinweise dafür ergeben, daß es jedenfalls keinen linearen Zusammenhang zwischen der Höhe des therapeutischen Aufwands und der Stärke der erzielten Effekte gibt: Manche Kliniken mit relativ geringer „Therapiedichte“ hatten bessere Ergebnisse als vergleichbare Kliniken mit höherem therapeutischem Aufwand. Die anschließenden Diskussionen mit den beteiligten Kliniken haben gezeigt, daß es kaum „evidenzbasierte“ Anhaltspunkte für die Therapiedichte gibt und daß deshalb ein dringender Bedarf an sog. „Dosisfindungs-Studien“ besteht, in denen die optimale Gestaltung der therapeutischen Angebote für die wichtigsten Krankheitsbilder in der Rehabilitation ermittelt wird.

III. Kurzbeschreibung der Stichprobe
An der Studie haben sich 15 Kliniken der WKA aus den fünf Indikationsbereichen Kardiologie (drei Kliniken, n=1.388), Orthopädie (zwei Kliniken, n=775), Prävention (drei Kliniken, n= 1.268), Psychosomatik (drei Kliniken, n=884) und Neurologie (vier Kliniken, n=744) beteiligt. Die Gesamtfallzahl betrug damit insgesamt 5.059 Patienten. Die Ausfallquote bei der 6-Monats- und 12-Monats-Nachbefragung betrug jeweils ca. 10% der Patienten, für die bis dahin vollständige Datensätze vorlagen. Eine „drop-out-Analyse“ konnte zeigen, daß durch diese relativ geringen Ausfälle keine Verzerrung der Ausgangsstichprobe eingetreten ist.

Die Studienpopulation der PROTOS-Studie kann mit einem Anteil von 52% Frauen und einem mittleren Alter von 55 ± 14 Jahren nicht ohne weiteres als repräsentativ für die Rehabilitation insgesamt und v.a. nicht für die Rehabilitation durch die Rentenversicherung angesehen werden, deren Anteil in den Kliniken zwischen 45% (Psychosomatik) und 0% (Prävention) variierte. Entsprechend war der Kostenträger in etwa zwei Drittel aller Fälle eine Krankenversicherung. Mit dem breiten Indikations- und Diagnosespektrum aber deckt die Studie etwa 85% der Rehabilitationsindikationen ab und kann insofern doch Anhaltspunkte für eine Beurteilung der Leistungsfähigkeit rehabilitativer Angebote liefern.

Die PROTOS-Studie läßt sich zusammenfassend durch folgende Merkmale charakterisieren:

  • große Fallzahlen in fünf Indikationsbereichen der Rehabilitation;
  • prospektive Datenerhebung zu Beginn und am Ende der Maßnahmen mit Nacherhebungen nach 6 und 12 Monaten;
  • sowohl arzt- als auch patientenseitige Erfassung der Eingangsbelastungen und Effekte;
  • mehrdimensionale Struktur der Zielparameter (somatisch, funktional, psychosozial);
  • Auswahl individuell relevanter Zielparameter zu Beginn der Maßnahme;
  • „zielorientierte Ergebnismessung“.

IV. Ergebnisse
Aus der Fülle der deskriptiven und bewertenden Auswertungen sollen hier die aufschlußreichsten kurz zusammengefaßt werden.

„Schwachstellenanalyse“
Die Studie hat einige Schwachstellen aufgedeckt, die auf Weiterentwicklungsbedarf sowohl in der klinischen Praxis als auch bei den eingesetzten Meßinstrumenten hinweisen. Als erstes sind hier gewisse Präferenzen bei der Auswahl der individuellen Therapieziele zu nennen. Der Studienablauf in den Kliniken sah vor, daß die Patienten am Tag nach der Aufnahme den IRES-Fragebogen ausfüllten, der dann umgehend zu einem individuellen „Patientenprofil“ ausgewertet wurde, in dem auf einem Blatt alle Einzelskalen und Bereiche des IRES aufgeführt und danach gekennzeichnet waren, ob der betreffende Patient jeweils im ‘unauffälligen’, ‘auffälligen’ oder ‘extrem auffälligen’ Bereich lag. Dieses Profil sollte dann von Arzt und Patient gemeinsam besprochen und an den Stellen, an denen ein Therapieziel gesetzt wurde, mit einem Kreuz markiert werden.

Dabei gab es zwischen den verschiedenen Indikationsgebieten sehr auffällige Unterschiede bei der Zielauswahl im Bereich der kardio-vasculären Risikofaktoren: Von allen Patienten, die angegeben hatten, daß bei ihnen bestimmte Risikofaktoren vorlägen, wurde in den kardiologischen Kliniken in ca. 60% der Fälle der betreffende Risikofaktor als Therapieziel markiert. In den orthopädischen und psychosomatischen Kliniken aber betrug diese Rate beispielsweise bei Bluthochdruck oder erhöhten Cholesterinwerten nur 5%. Zwar kann aus der fehlenden Nennung als Therapieziel nicht gefolgert werden, daß Hypertonie oder Hypercholesterinämie in den orthopädischen und psychosomatischen Kliniken nicht behandelt worden seien, aber offensichtlich sind die entsprechenden Signale im Patientenprofil hier sehr viel häufiger übergangen worden als in den kardiologischen Kliniken.

Kaum jemals als Therapieziel gewählt wurden in allen Indikationsbereichen Belastungen aus dem beruflichen Bereich – und zwar auch bei den ca. 40-50% aller Fälle nicht, bei denen im IRES-Patientenprofil dieser Bereich als „extrem auffällig“ gekennzeichnet war. Auch die Behinderungen im Alltagerfreuten sich keiner großen Beliebtheit als Therapieziel: In Kardiologie und Psychosomatik waren hier 60-70% aller Patienten im Patientenprofil „extrem auffällig“, aber nur bei ca. 20% wurde ein Therapieziel aus diesem Bereich gewählt. In den orthopädischen Kliniken war die Relation mit 80% extrem auffälligen Profilen und 40% Therapiezielnennungen etwas günstiger, signalisiert aber auch hier noch eine deutliche Zurückhaltung. Damit wurde die gesamte Dimension der „Funktionsfähigkeit in Beruf und Alltag“ bei der Auswahl von Therapiezielen zu wenig berücksichtigt. Auf Auffälligkeitssignale aus den Bereichen „Schmerzen/Symptome“ und „psychische Belastungen“ dagegen wurde in allen Indikationsereichen sehr häufig mit einer Nennung als Therapieziel reagiert. In den psychosomatischen Kliniken allerdings führten auch gravierende Belastungen im Bereich „Schmerzen/Symptome“ nur selten zur Definition eines entsprechenden Therapieziels.

Wenn man Präferenzen bei der Zielauswahl als Anzeichen dafür versteht, worauf in den Kliniken primär geachtet wird, so müßte der Stellenwert des gesamten funktionalen Bereichs in allen Kliniken und derjenige der Risikofaktoren in den orthopädischen und psychosomatischen Kliniken deutlich erhöht werden. In den psychosomatischen Kliniken müßte möglicherweise zusätzlich darüber diskutiert werden, ob nicht Verbesserungen von Schmerzen, Beschwerden und Alltagsfunktionen, zumindest im längerfristigen Verlauf, legitime und vielleicht sogar notwendige Therapieziele der Rehabilitation darstellen.

Im Rahmen einer Schwachstellenanalyse ist von der Forschungsseite aus selbstkritisch zu vermerken, daß die eingesetzten Instrumente vor allem im Bereich der beruflichen Belastungen möglicherweise nicht veränderungssensitiv genug waren, um auch kleinere Verbesserungen entsprechend abzubilden. Auf dieses mögliche Manko ist inzwischen mit einem Forschungsprojekt (im Rahmen des rehabilitationswissenschaftlichen Förderschwerpunktes von VDR und Bundesforschungsministerium) reagiert worden, in dem es um eine Weiterentwicklung des IRES-Fragebogens und der Arztbögen geht (vgl. Jäckel & Bengel 1997).

Effekte der Rehabilitation
Wenn im Folgenden nicht durchgängig von „Veränderungen der Zielvariablen im Zeitverlauf“, sondern auch von „Ergebnissen der Rehabilitation“, „Reha-Effekten“ oder „Ergebnisqualität“ gesprochen wird, muß darauf hingewiesen werden, daß die kausale Zuordnung, die in den letzteren Ausdrücken als direkte und monokausale Beeinflussung der Zielvariablen durch die Reha-Maßnahmen suggeriert wird, bei der methodischen Anlage dieser Studie als „Verlaufsmessung ohne Kontrollgruppe“ im strikten Sinne nicht nachgewiesen werden kann. Für einen solchen Kausalitätsnachweis wäre ein randomisiertes Studiendesign erforderlich, das jedoch in der Rehabilitation aus juristischen und ethischen Gründen nicht realisiert werden kann, und deshalb werden Daten aus „naturalistischen“ Verlaufsstudien auch weiterhin die wichtigste Informationsquelle bleiben, um die Effekte der Rehabilitation einzuschätzen.

Unter dieser Voraussetzung hat die Auswertung der PROTOS-Daten ausgesprochen positive Auswirkungen der Rehabilitationsmaßnahmen aufgezeigt. In den Arztbögen zeigten sich in allen Indikationsbereichen auf den ausgewählten Zielparametern Verbesserungen, die durchweg als „starke Effekte“ zu interpretieren sind und für die Patienten spürbare Verbesserungen ihres Gesundheitszustandes, ihrer körperlichen Leistungsfähigkeit sowie von Schmerzen und Beschwerden bedeuteten. Detaillierte Angaben zu den Effekten auf den verschiedenen Zielparametern der Arztbögen sind den indikationsspezifischen Kapiteln dieses Berichts zu entnehmen.

Die Selbsteinschätzung der Patienten im IRES-Fragebogen ergab auf dem Zielsummenscore, in dem alle individuell ausgewählten Zielparameter zusammengefaßt sind, am Ende der Maßnahme „starke“ Effekte, die nach 6 und 12 Monaten zwar leicht zurückgingen, aber immer noch gerade im Bereich starker Effekte lagen. Überraschend an diesem Ergebnis ist, daß die Rückbildung der Effekte nach 6 Monaten bei weitem nicht so deutlich ausfiel, wie erwartet worden war, und daß vor allem die Effekte nach 12 Monaten beinahe noch auf dem gleichen Niveau lagen wie nach 6 Monaten. Dies bedeutet, daß die subjektiven Belastungen und Funktionseinschränkungen, die in besonderer Weise zum Gegenstand der Rehabilitation gemacht worden waren, sich in ihrer Summe ausgesprochen nachhaltig und dauerhaft verbessert haben.

Besonders große Effekte zeigten sich zu allen Meßzeitpunkten in den Präventions- und psychosomatischen Kliniken, in denen auch die mittel- und längerfristigen Veränderungen eindeutig im Bereich großer Effektstärken lagen. Dieses Resultat verdient besonders hervorgehoben zu werden, weil in gesundheitspolitischen Diskussionen und auch in medizinischen Fachkreisen immer wieder bezweifelt wird, daß bei den betreffenden Patienten überhaupt eine begründete Indikation zur Rehabilitation bestehe. Wie die Daten zeigen, war jedoch die subjektiv wahrgenommene Eingangsbelastung dieser Patienten nicht geringer als in den kardiologischen oder orthopädischen Kliniken, und die Effekte lassen eine nachhaltige Verbesserung dieser Belastung auch noch 12 Monate nach Abschluß der Reha-Maßnahmen erkennen..

Bezogen auf die verschiedenen Unterdimensionen des IRES zeigte sich, daß in den Bereichen ‘Schmerzen/Symptome’ und ‘psychische Belastungen’ besonders gute Effekte erzielt wurden. Bei den ‘Behinderungen im Alltag’ dagegen lagen die Veränderungen nur im Bereich mittlerer Effektstärken, und bei den ‘Belastungen im Beruf’ schließlich konnten nur geringe Verbesserungen registriert werden.

V. Schlußfolgerungen und Ausblick
Die PROTOS-Studie hat mit ihren insgesamt sehr positiven Ergebnissen in den beteiligten Kliniken zu einer gewissen Entlastung von dem „Legitimationsdruck“ geführt, unter dem die Rehabilitation seit vielen Jahren steht. Auf dem Hintergrund der unerwartet guten Langzeitergebnisse konnten auch die Schwachstellenanalysen relativ unbefangen zur Kenntnis genommen werden. Die Studienergebnisse haben inzwischen vielfältige Diskussionen um Therapiedichte, Therapieziele, „blinde Flecken“ in den professionsspezifischen Perspektiven u.ä. ausgelöst und werden zu einer Weiterentwicklung der Therapiekonzepte und Maßnahmenprogramme beitragen können.

Die Studie hat darüber hinaus aufgezeigt, daß eine externe Prüfung der Ergebnisqualität „auf einem mittleren Detaillierungsniveau“ machbar ist. Verschiedene Krankenversicherungen haben inzwischen darauf reagiert und die Instrumente und Verfahren aus der PROTOS-Studie in Modellvorhaben eingesetzt, in denen es um eine Evaluation der Einführung von Fallpauschalen oder ein routinemäßiges Monitoring der Ergebnisqualität unter Einbeziehung von Klinikvergleichen geht.

Herausgeber und Autoren dieses Berichts hoffen, durch die Publikation der Studienergebnisse dazu beitragen zu können, daß einerseits die Maßnahmenprogramme und Qualitätssicherungsverfahren in der Rehabilitation gezielt weiterentwickelt werden können und daß andererseits die Rehabilitation auch in der weiteren Öffentlichkeit als langfristig wirksamer und deshalb erhaltens- und förderungswürdiger Bestandteil der gesundheitlichen Versorgung bei chronischen Krankheiten und ihren Folgen gesehen wird.